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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 15.12.2021
Aktenzeichen: III R 43/20

Vorinstanz:

FG Münster
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 01.07.2020
Aktenzeichen: 11 K 1832/19 Kg

Schlagzeile:

Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind bei fortbestehendem Ausbildungsverhältnis

Schlagworte:

Ausbildung, Ausbildungswilligkeit, Behinderung, Berufsausbildung, Erkrankung, Kindergeld, Krankheit, Rückforderung, Unfall

Wichtig für:

Familien

Kurzkommentar:

1. Eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung wegen Berufsausbildung scheidet aus, wenn Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses wegen einer nicht vorübergehenden Erkrankung unterbleiben. In Betracht kommt dann eine Berücksichtigung wegen Behinderung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG).

2. Eine Krankheit ist nicht vorübergehend, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine länger als sechs Monate dauernde Beeinträchtigung zu erwarten ist (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 3

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine Kindergeldgewährung wegen Berufsausbildung nicht möglich ist, wenn Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses wegen einer langfristigen Erkrankung des Kindes unterbleiben. In Betracht kommt dann aber eine Berücksichtigung wegen Behinderung.

Im Streitfall hatte ein junger Erwachsener während seiner Ausbildung einen schweren Unfall mit Schädelbasisbruch und Schädel-Hirn-Trauma erlitten und nach dem Krankenhausaufenthalt verschiedene Reha-Maßnahmen durchlaufen, von denen die letzte 17 Monate nach dem Unfall begann. Das Finanzgericht (FG) sprach Kindergeld für die ersten acht Monate nach dem Unfall zu, weil das Ausbildungsverhältnis fortbestanden habe und der Wille, die Ausbildung baldmöglichst fortzusetzen, in mehrfacher Hinsicht belegt sei.

Der BFH ist dem entgegengetreten und hat die Sache zu weiterer Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. In einer Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befindet sich ein Kind dann, wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Eine Unterbrechung der Ausbildung, z.B. wegen einer Erkrankung, ist unschädlich, wenn diese vorübergehend ist. Wird die Erkrankung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, kann das Kind nicht mehr wegen seiner Ausbildung berücksichtigt werden. Das FG muss nun klären, ob die sechs Monate übersteigende Erkrankungsdauer bereits in den ersten Monaten nach dem Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet wurde. Falls zunächst eine schnellere Genesung als möglich erschien, könnte der Kindergeldanspruch, so der BFH weiter, für diesen Zeitraum noch wegen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses begründet sein. Für die Monate, in denen eine Berücksichtigung wegen Ausbildung aufgrund des dann mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten und eingetretenen langwierigen Heilungsprozesses nicht in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob das Kind behinderungsbedingt außerstande war, sich selbst zu unterhalten und deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen ist.

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 01.07.2020 - 11 K 1832/19 Kg aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Münster zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

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